Zieh mich hoch

Zum sechsten Mal wurde am 17. Januar deridic Internationale Tag der italienischen Küche begangen. Ausgerufen haben ihn die Mitglieder des Vereins GVCI („Virtuelle Gruppe italienischer Köche“). Dieser hat sich aus einer Internetinitiative heraus formiert und sich zum Ziel gesetzt, weltweit den Qualitätsstandart und die Authentizität der italienischen Gastronomie zu bewahren und zu verbessern. Der erste Internationale Tag der italienischen Küche im Jahr 2008 stand ganz im Zeichen der Spaghetti Carbonara. Dann wurden die Gerichte beispielsweise mit dem „Ossobuco in gremolata alla Milanese“ etwas spezieller. In diesem Jahr jedoch lag der Fokus auf einem weltbekannten Dolce, das uns schon so manches Feiertags- oder Sonntagsessen versüßt hat: auf dem Tiramisu.

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Tiramisu ist eine Süßspeise, die hauptsächlich aus Eiern, Zucker, einem Frischkäse namens Mascarpone und Löffelbiskuits (öst. Biskotte) besteht. Das Ganze ist eine wahre Kalorienbombe, aber wer es einmal probiert hat, kommt nie wieder davon los. Von der absoluten Suchtgefahr und dem damit leicht einhergehenden vollem Magen kommt vielleicht auch der Name „Tiramisu“. Möglicherweise hat es bereits Leute gegeben, die nach dem Genuss nicht mehr allein aufstehen konnten, denn übersetzt bedeutet Tiramisu so viel wie „Zieh mich hoch“. Jedenfalls ist der Vereinigung der Köche mit der Wahl des Tiramisu als „Gericht des Jahres“ mindestens hier in Italien die volle Aufmerksamkeit sicher gewesen. Luigi und ich haben von diesem freudigen Ereignis am Donnerstag in den Hauptnachrichten erfahren und sofort beschlossen, dass es bei uns am heutigen Sonntag Tiramisu geben sollte.

Damit sich die Aromen mischen und entfalten sowie die Biskuits gut durchziehen können, empfiehlt es sich, das Gericht bereits am Vortag zuzubereiten. Deshalb kam es uns gelegen, dass Maria und Pasquale am Samstagvormittag ins Einkaufszentrum fahren wollten. Wir hatten geplant, die ganze Aktion guerillamäßig aus dem Hinterhalt durchzuführen: Rein, raus und weg. Das lief insgesamt auch ganz gut, nur mit dem „rein“ hatten wir zunächst Probleme. Im sprichwörtlichen „Supermarkt um die Ecke“ war es am Samstagvormittag nämlich so voll, dass man kaum treten konnte. Selbst am Käsestand musste man Nummern ziehen, weil Italiener nicht in der Lage sind, eine geordnete Reihe zu bilden, sondern sich immer traubenartig um ihr Ziel zu lagern pflegen. Je mehr Italiener auf einen Haufen kommen, desto verwirrender wird die Situation. Deshalb war das Nummernspiel gestern reine Notwehr der Ladenbetreiber. Während Luigi also mit seinem Nummernzettelchen irgendwo vor der Käsetheke herumlungerte nach frischem Mascarpone anstand, machte ich einen Abstecher in einen Obst- und Gemüseladen, in dem es immer frische Eier von hoffentlich glücklichen Hühnern gibt. Als ich wiederkam, wartete Luigi immer noch in einer Menschentraube an der Käsetheke. Also schlug ich mich erneut in Richtung Eingang zurück und packte schon mal die letzten zwei Päckchen Löffelbiskuits, die ich im Keksregal finden konnte, in unseren Beutel. Es sah ganz so aus, als wären noch mehr Triggianesen vom Tiramisutag inspiriert worden.

Als wir nach einer geschlagenen Stunde endlich wieder zu Hause waren, blieb uns noch etwa eine weitere Stunde für die Zubereitung. Doch zum Glück ist Tiramisu schnell gemacht und überhaupt nicht anspruchsvoll. Daher gibt es vermutlich so viele Varianten – sowohl hinsichtlich der Mengenangaben der Grundzutaten als auch hinsichtlich von saisonalen Abwandlungen wie z.B. Erdbeertiramisu. Hier also das traditionelle Familienrezept aus dem Hause Grillo für 6 (hungrige) Personen oder ein Gefäß von ca. 30 x 20 x 4 cm.

Zutaten:

  • 4 frische Eier
  • 120 g Zucker
  • 500 g Mascarpone (im Kühlregal)
  • 500 g Löffelbiskuit
  • 400 ml kalter Kaffee
  • 2 Päckchen Vanillezucker
  • Amarettolikör (z.B. Disaronno)
  • Kakao

Zubereitung der Mascarponecreme

  1. Eier trennen, die Eiweiße steif schlagen und im Kühlschrank zwischenlagern
  2. Eigelb mit dem Zucker und Vaniellezucker schaumig schlagen
  3. Mascarpone löffelweise unterrühren
  4. Amarettolikör nach Geschmack zugeben (kosten)
  5. Eischnee unterheben

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Nun wird die Creme abwechselnd mit den Löffelbiskuits in die Form geschichtet. Angefangen wird dabei mit der Creme. Dann die Löffelbiskuits mit der Länge kurz in Kaffee tunken und dicht an dicht auf die Cremeschicht legen; ruhig ein bisschen andrücken. Anschließend wird wieder Creme daraufgegeben, verstrichen und die nächste Lage Löffelbiskuits eingeschichtet. 4 cm Höhe reichen knapp für drei Schichten. Abgeschlossen wird das Ganze mit einer Cremeschicht, die anschließend großzügig mit Kakao bestäubt wird.

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Wir haben das Tiramisu für größere Feiern auch schon in Whiskygläser geschichtet. Das sieht gut aus und hat den Vorteil, dass man es vor dem Verzehr nicht mehr zu portionieren braucht, aber es ist natürlich eine zeitaufwendigere Fummelarbeit. Dafür waren wir viel zu sehr in Eile, denn kaum war das fertige Tiramisu im Kühlschrank verschwunden, klingelte auch schon das Telefon. Die Küchencheffin ordnete an, das Nudelwasser aufzusetzen. Uns blieb gerade noch genug Zeit, das Schlachtfeld wieder in seinen aufgeräumten Ausgangszustand zu versetzen, da stand Maria schon in der Tür.

IMG_20130120_172210Pasquale, der ein ausgemachter Naschkater ist, grinste erfreut von einem Ohr zum anderen, als er das Tiramisu im Kühlschrank entdeckte. Er präsentierte es heute Mittag am Tisch wie eine Trophäe und auch Maria lobte die Konsistenz und den Geschmack. Falls ihr noch kosten möchtet, dann müsst ihr euch wirklich beeilen, denn der klägliche Rest, den wir wegen der vorhergehenden vier Gänge übrig lassen mussten, wird das Abendessen sicherlich nicht überleben.

10 Gedanken zu „Zieh mich hoch

    1. Corinna Autor

      Liebe Frau Hilde,

      ich entschuldige mich in aller Form für meine Fiesheit und werde mich bessern. Für den nächsten Essensartikel werde ich Dinge recherchieren, die den Mund nicht wässrig werden lassen. 🙂

      Herzliche Grüße,
      Corinna

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      1. frauhilde

        Ja, bitte. *wimmer*
        *Terminator-Blick* Muss. Tiramisu. Haben.
        *Engelchen auf Schulter* Nix da, du musst Diät halten.
        *Terminator-Blick* Muss. Engelchen. Töten.
        *Engelchen auf Schulter* Iieek! *wegflieg*

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  1. imzim

    Lecker, lecker…. Ess ich supergerne und mache es auch schon seit Jahren nach genau diesem Rezept :-)…. Nur dass es bei mir laktosefreie Mascarpone sein muss, sonst habe ich danach keinen Spass…..

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    1. Corinna Autor

      „Vollinhaltlich“ finde ich toll! Kommt definitiv mit auf meine Liste der häufiger zu verwendenden Wörter.

      Abgesehen davon gelobe ich Dir und der Frau Hilde Besserung. Beim nächsten Artikel über Nahrungsmittel werde ich über irgendwas ganz Ekliges schreiben. Ich denke, da findet sich was. 😉

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  2. janavar

    Das sieht wirklich fantastisch aus! Da Tiramisu das einzige ist, was mein Freund „kochen“ kann, werde ich ihn nachher direkt erinnern, dass es mal wieder Zeit dafür ist …

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    1. Corinna Autor

      Ja, wenn ich mich recht erinnere, hat Luigi das Tiramisu früher auch ganz allein gemacht. Jetzt kocht er nur noch den Kaffee und reißt die Keksverpackung auf. *lol* … also bloß keine Eigeninitiative!!! 😉

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  3. Karin Schindler

    Oh ja – Suchtgefahr. Und Du stapelst Dein Tiramisu auch noch richtig hoch, da bin ich ein wenig bescheidener 😀

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