Focaccia Pugliese – Mehr als nur eine Verlegenheitsspeise

IMG_20130803_193737Italien ohne Pizza wäre wohl unvorstellbar. Doch was die Pizza für die Italiener im Allgemeinen ist, das ist die Focaccia für die Pugliesen im Besonderen. Ich kenne keine Bäckerei, die es nicht anbietet, denn Focaccia ist in Apulien DAS Fastfood schlechthin. Original wohl entwickelt, um die Anfangshitze des Holzbackofens auszunutzen, bevor dieser heiß genug für Brote war, ist aus der Focaccia längst mehr als eine Verlegenheitsspeise geworden. Man isst sie heute als Snack auf die Hand genauso wie als vollwertige Mahlzeit beispielsweise zum Abendbrot. Gerade jetzt im Sommer stürmen die Badenden nach einem Strandvormittag die Focacciavorräte der Bäckereien oder kaufen bzw. backen sie schon am Vorabend selbst, um sie gleich mit ans Meer zu nehmen.

Im Gegensatz zum bekannteren Focaccia Genovese wird der Teig der apulischen Version nicht nur mit Mehl, sondern unbedingt auch mit Grießmehl und gekochten Kartoffeln zubereitet. Nur auf diese Art wird das Gebäck weich und unvergleichlich duftend, schmeckt warm genauso gut wie kalt und hält sich bis zum nächsten Tag frisch.

Dass eine Bäckerei Focaccia verkauft, ist in Bari und Umgebung häufig daran zu erkennen, dass im näheren Umkreis der Tür Tomaten auf dem Geweg verstreut liegen. Obwohl das traditionelle Focaccia mit Tomaten gebacken wird, scheint die Mehrzahl der Eingeborenen, die mitgebackenen Tomaten zu verabscheuen. Umsichtige Verkäufer fragen daher bereits beim Kauf, ob sie diese herunternehmen sollen.

Wie gut, dass wir Stefano mit seiner Bäckerei gleich an der Ecke unseres Palazzo in nicht einmal 50 Metern Laufweite haben, denn mindestens einmal pro Woche kommt am Abend Focaccia auf den Tisch. Eine einfache, runde Focaccia mit Tomaten, Oliven und Oregano kostet 3,50 Euro. Das ist nur wenig mehr als der Preis einer Pizza Margherita mit dem Unterschied, dass von dem dicken Focaccia mehr Leute satt werden. Das Fladenbrot ist vielseitig belegbar. So gibt es zum Beispiel auch Varianten mit dünn geschnittenen Kartoffelscheiben oder mit Schinken und Mozarella darauf. Würzen kann man statt mit Oregano auch mit Rosmarin. Der herzhaften Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Selbst das fertig gebackene Gericht kann anschließend noch weiter zum Beispiel mit Schinken und Käse belegt werden.

IMG_20130803_194143Wer einmal in der Gegend ist, sollte sich auf jeden Fall durch die verschiedenen Sorten probieren und seine Lieblingsfocaccia herausfinden. Wer dazu keine Gelegenheit hat, kann es auch ganz leicht selbst zubereiten. Wie das geht, erkläre ich euch im Folgenden. Da Maria und Pasquale über’s Wochenende weggefahren sind, konnten wir uns nämlich ungehindert der Küche bemächtigen. Das Rezept von Tante Anna hat sich bereits in Deutschland vielmals bewährt, wenn mich die Sehnsucht nach einem kleinen Stück Apulien überkam.

Zutaten für den Teig

250 g Mehl Typ 00

250 g Hartweizengrieß

ca. 300 ml lauwarmes Wasser

200 g gekochte und zerquetschte Kartoffeln

½ EL Salz

ca. 5 EL Olivenöl

25 g frische Hefe

Zutaten für den Belag

ca. 250 g Kirschtomaten

Olivenöl

zerstoßenes Meersalz

Oregano, Rosmarin oder andere Gewürze nach Belieben

Und so geht’s

IMG_20130803_194106In einer Schüssel zunächst das Mehl mit dem Hartweizengrieß mischen, in der Mitte ein Loch drücken und die gekochten, zerquetschten Kartoffeln hineingeben.

Die Hefe in einem Teil des Wasser auflösen und zu der Mehl-IMG_20130803_194023Kartoffel-Mischung geben. Die Zutaten miteinander verkneten. Dabei nach und nach das restliche Wasser, das Salz und die fünf Esslöffel Öl hinzugeben. Der Teig sollte im Ergebnis weich und ein bisschen klebrig sein. Dann deckt man ihn mit einem feuchten Tuch zu und lässt ihn an einem warmen Ort ca. 2 Stunden gehen, in denen sich sein Volumen ungefähr verdoppeln sollte.

Während dessen kann man die kleinen Tomaten halbieren und die Stielansätze entfernen.

IMG_20130803_193938Nun den ziemlich weichen Teig mit den Händen auf einem gut geölten Backblech verteilen und darauf achten, dass er gleichmäßig dick aufgebracht wird. Die halbierten Tomaten auf dem TeigIMG_20130803_193907 verteilen und ordentlich andrücken. Sie sollen beim Backen schön in den Teig einsinken. Wer Oliven mag, kann sich auch mit ihnen noch auf der Focaccia austoben. Nun den Teig gut mit Öl einpinseln, mit dem zerstoßenen Meersalz (man kann auch einfaches Salz nehmen) bestreuen und Gewürze darübergeben. Dann darf er noch einmal eine halbe Stunde gehen.

IMG_20130803_193828Anschließend im vorgeheizten Ofen bei 200 Grad ca. 30 bis 40 Minuten backen. Die Focaccia sollte außen schön knusprig und innen weich sein. Damit sie diese Konsistenz beibehält, darf sie nicht auf dem Blech bleiben, sondern muss auf einem Rost etwas abkühlen, wenn sie an warmen Tagen wie heute nicht ofenheiß auf den Tisch kommt.

Das Rezept ist übrigens für sechs Personen ausgelegt. Aber was soll ich sagen? Wir hatten Hunger.

focaccia

16 Gedanken zu „Focaccia Pugliese – Mehr als nur eine Verlegenheitsspeise

  1. giftigeblonde

    Hm, ich würde die Tomaten auch weglassen,…ggggg
    Das sieht köstlich aus, liebe Corinna!
    Von Erdäpfeln in Foccacia habe ich auch noch nie gehört, das muss ich mal ausprobieren.

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    1. Corinna Autor

      Ja. aber die Tomaten müssen unbedingt drauf, sonst fehlt dem Focaccia die frische Note. 🙂 Kannst sie ja auch hinterher absammeln.

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  2. ninivepisces

    Mit den Kartoffeln im Teig tatsächlich eine ganz interessante Variante. Im Original hab ich bislang nur die ligurische Variante gegessen, die gibt es dort- mit aller Variation von Belägen- auch in jeder Bäckerei zu kaufen. An besondere Tomatenhäufchen in der Umgebung kann ich mich allerdings nicht erinnern….. (g) ist auch schon ein paar Jährchen her.

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  3. vilmoskörte

    Gutes Olivenöl (am liebsten Cima di Bitonto) ist essentiell, viel Öl, soviel, dass an der Unterseite der Focaccia eine knackig-knusprige Schicht aus Öl und Teig entsteht. Zum Niederknien! (Und dass die Baresi die Tomaten rauspicken und wegwerfen sollen, kann ich mir gar nicht vorstellen, da scheint es sich doch eher um beim Reinbeißen rausgefallene Exemplare zu handeln.)

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    1. Corinna Autor

      Wir haben das Glück, Olivenöl von den Bäumen aus dem eigenen Garten verwenden zu können. Das Bitonto-Öl kann ich vielleicht mal als Mitbringsel mit nach Deutschland nehmen. Danke für die Empfehlung.

      Erklären kann ich diese Anti-Tomatensache auch nicht. Zum Backen müssen sie zwar rauf, aber hinterher nehmen viele Baresen sie wieder runter. … ich mach‘ dann mal beim nächsten Kauf-Focaccia-Essen ein Foto von den Tellern.

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      1. gudrun stotz

        oh unsere Mitbewohner ernten gerade in Bitonto! und wir waren vor einem Monat in Bari! Ich liebe diese Stadt und die Kathetrale in Bitonto auch. Liebe Grüße aus Wien

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  4. handvolldackel

    Jetzt habe ich auch Hunger 🙂 Ich probiere das Rezept ganz bestimmt aus, aber eins weiß ich jetzt schon: Der Gemahl sortiert ganz sicher die Tomaten aus.

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  5. ulrisco

    Mal wieder ein toller Artikel, ich weiß schon so viel über das Leben in Apulien, ohne jemals dort gewesen zu sein – das ist klasse! Die Idee mit dem Brot werde ich gleich mal übernehmen und über ein norwegisches Pendant schreiben 🙂 Danke für die Idee!! Liebe Grüße

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  6. frauhilde

    Hach, mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen.
    Muss ich wohl trotz der Tatsache, dass ich doch gerade das böse D-Wort praktiziere (Diät *g*), mal ansprobieren.
    Tomaten können für mich nicht genug drauf sein! ❤

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  7. Emily

    Ein fantastisches Rezept! Vielen Dank dafür! Ich habe schon einmal eine mit schwarzen Oliven und Rosmarin & Knoblauch gebacken… auch seeeehr empfehlenswert! Das ist Fastfood, wie ich es mag! 🙂

    Liebe Grüße, Emily

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