Unser Führer, welcher uns seine 4 Lieblings- ausgrabungsstätten in Cansoa gezeigt und erklärt hat, als wäre er der beste Freund des Stadtheiligen San Sabino lässt uns direkt vor dem Museum aussteigen, was sich in unmittelbarer Nähe der im letzten Beitrag erwähnten Bar „Di Muro“ in einem der Gebäude aus dem 19. Jahrhundert befindet. In 5 Räumen ist hier hauptsächlich apulische Keramik ausgestellt, darunter die einmaligen rosafarbenen Vasen, die man bisher nur in Canosa gefunden hat.
Die Kathedrale suchen wir vor allem auf, um das Mausoleum des normannischen Helden Bohemund zu sehen. Für Apulien war „Boemondo“ eine wichtige Figur, weil er als einer der Anführer am ersten Kreuzzug teilnahm und – anders als Friedrich II. später – dafür sorgte, dass der Papst der Region Tarent und Bohemunds Familie, die damals auch Apulien beherrschte, gewogen blieb. Das im Auftrag seiner Mutter erbaute Mausoleum erinnert sicher nicht zufällig an orientalische Bauten und sollte die Verbundenheit des Verstorbenen mit San Sabino deutlich machen. Es befindet sich als Anbau neben der Kathedrale und stand bei seiner Erbauung wahrscheinlich nicht eineinhalb Meter tief unter der Erde.

Zahlreiche Säulen- und andere Fragmente, die man nicht in Museen unterbringen konnte oder wollte, peppen den obligatorischen Stadtpark auf und sind mit kurzen Erklärungen versehen. Nette Idee.
Nach einem einfachen, aber reichhaltigen Touristenmenü auf dem Fußweg vor der proppenvollen Osteria „La Capannina“ in der Nähe der Kathedrale stehen noch zwei weitere Punkte auf unserer Ausflugsliste. Wir wollen den römischen Triumphbogen, der laut meiner Apulienbibel mitten in einem Gemüsefeld stehen soll, und die römische Brücke über dem Ofanto sehen. Beides findet man, indem man Canosa in Richtung Cerignola verlässt. Die Brücke steht denn auch nur ein paar Kilometer entfernt an einer eigenen Ausfahrt aus einem Kreisverkehr. Davide ist in diesem Moment schon eingeschlafen und träumt von kaputten Säulen und anderen Trümmern.
Den Triumphbogen, der über acht Meter hoch (!) sein soll und in der Vergangenheit vielleicht auch als Stadttor fungierte, haben wir übersehen. (Wie jetzt?) Auf der Rückfahrt stellt sich zum Glück heraus, warum. (Sonst hätte ich für immer an mir gezweifelt.): Das Gemüsefeld ist inzwischen einer Baumschule gewichen, die einen hohen Zaun um das Areal errichtet und einen halben Wald angepflanzt hat. Von der anderen Seite der Baumschule hat man jedoch einen schönen Blick auf eine gepflegte Anlage, die der historischen Stätte gerecht wird. Leider ist es Sonntag und die Baumschule ist geschlossen. Wenn man näher an den Triumphbogen heran möchte, sollte man das und die Schließung um den Feiertag Ferragosto (15.08.) herum einkalkulieren.
Der Triumphbogen von Canosa soll bei seiner Errichtung als „Porta Varrone“ anlässlich der Erbauung der Via Traiana 13 m hoch, 12 m breit und 5 m tief gewesen sein. Wenn der damalige römische Konsul Varrone gewusst hätte, dass die Truppen Hannibals ihn 216 v.u.Z. unrühmlich auf dem Schlachtfeld von Cannae schlagen werden, hätte er vielleicht auf die Namensgebung verzichtet.
Die römische Brücke über den Ofanto wurde im Mittelalter generalüberholt und steht etwas verloren abseits der heutigen Straße. Die Via Traiana, als deren Teil sie gebaut wurde, wird auf der einen Seite angedeutet. Dort befindet sich auch ein Holzturm, der einen schönen Ausblick über den ausufernden aber niedrigen Fluss und die Ebene vor den Hügeln Canosas erlaubt. Irgendwie ist es ein erhebendes Gefühl, wenn man über ein Brückchen schreitet und genau weiß, dass schon vor 2000 Jahren unsere Vorfahren ihre Füße auf diese Steine gesetzt haben. Jedenfalls kann man sich das einbilden und es macht einen demütig und groß zugleich.
Von daher muss es nicht immer nur Meer sein, wenn man nach Apulien kommt. Die schönste Urlaubsregion der Welt hat auch römische Antike zu bieten. Canosa lohnt sich.