Wasserschlachten und Wanderungen im Herbstlaub
Im Frühjahr dieses Jahres waren wir auf unserer Rückreise von unserem Kurzurlaub auf einem Agriturismo in der Nähe von Ischitella eher zufällig in Monte Sant’Angelo gelandet, weil ich lieber durch einen Wald als über die Autobahn nach Bari fahren wollte. Schon damals beeindruckte uns dieses kleine Städtchen, dessen Häuser sich an steilen Hängen hoch hinauf türmten und dabei auf das azurblaue Wasser des Golfs von Manfredonia schauten.

Bergigen Wald auf der einen Seite, Meer auf der anderen – Von Monte Sant’Angelo aus erreicht man beides auf schnellstem Wege und muss sich bei seinem Apulienurlaub nicht für das eine oder andere entscheiden. Dass wir nun am letzten Wochenende im Oktober noch Badewetter hatte, damit konnte niemand rechnen. Doch dank des fortgesetzten Sonnenscheins, genossen wir mit einer weniger erfolgreichen, aber unglaublich spannenden Kastanienpirsch sowohl den schattigen Märchenwald Foresta Umbra als auch das kühle Wasser einer Bucht bei Mattinata. Und die zwei Nachmittage blieben uns zur Erkundung der touristischen Highlights der Stadt.
DAS Highlight von Monte Sant’Angelo – Die Wallfahrtskirche „San Michele Archangelo“
Monte Sant’Angelo steht für die Italiener vor allem synonym für das Erzheiligtum des Heiligen Michael, der vor ca. 1500 Jahren in einer der Grotten des karstigen Felsens erschienen sein soll. Heute ist die Grotte Teil einer beeindruckenden unterirdischen Kathedrale. Die Stätte wird praktisch ununterbrochen von Kirchenmännern, Touristen und Pilgern besucht, ist ein wichtiger Wallfahrtsort in Europa und gehört seit 2011 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Im Frühling hielten wir das imposante Eingangsgebäude noch für die eigentliche Kirche, aber tritt man durch die rechte Tür befindet man sich nur am Anfang einer langen, steilen Treppe. An deren Fuß befindet sich ein zweites Eingangstor. Und auch dann ist man noch nicht in der Grotte. Versperrten uns bei unserem ersten Besuch noch dicht an dicht gedrängte Rücken den Zugang zum Heiligtum am unteren Treppenabsatz, drangen wir dieses Mal wenigstens so weit darin vor, dass ich über ein Meer aus Köpfen einen Blick auf die Grotte und den darin befindlichen Altar werfen konnte.
Wenn man das sehen kann, befindet man sich bereits in einer Art Vorkirche. Diese erstaunte mich eigentlich mehr als die heilige Höhle, denn eine Höhle kann man sich unter der Erde relativ leicht vorstellen, aber, dass man sich plötzlich im hohen Schiff einer Kirche befindet, wie man sie von überirdisch kennt, hätte ich nicht erwartet. Leider achten strategisch günstig positionierte Mitarbeiter argwöhnisch darauf, dass man weder seine Kamera noch ein Handy zückt. Man sollte jedoch versuchen, den Geist dieses beeindruckenden Bauwerks gut in sich aufzunehmen, denn unweit von Monte Sant’Angelo bekommt man in San Giovanni Rotondo die Gelegenheit, dieses Jahrhunderte alte Heiligtum mit einer Kirche zu vergleichen, die einer der einflussreichsten Designer des 20./21. Jahrhunderts erst vor Kurzem geschaffen hat.
Kastell von Monte Sant’Angelo
Erholung von monumentaler Kirchenarchitektur nötig? Dann sollte man unbedingt in der wieder auferstehenden Burg von Monte Sant’Angelo vorbeisehen. Das Kastell ist ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe und befindet sich nur ein paar Schritte vom Erzheiligtum entfernt. Es zeigt, was die weltlichen Herrscher über Apulien in Sachen Baukunst so drauf hatten.
Uns hatte das imposante Monument bereits im Frühling in Begeisterung versetzt (zum Reisebericht hier klicken). Beim zweiten Besuch sahen wir es uns nur von außen an, denn die Altstadt Monte Sant’Angelos der Stadtteil „Rione Junno“ hat so viele liebenswerte Kleinigkeiten zu bieten, dass wir viel Zeit damit verbrachten treppauf und treppab zu laufen, um den Charme verwinkelter Gassen und malerischer Panoramen zu genießen.
Die Altstadt „Rione Junno“
Wer die Parkplätze in der Nähe des Erzheiligums nutzt, kann auch die Altstadt nicht verfehlen, denn Schloss und Kirche befinden sich auf der Spitze des Berges und „Rione Junno“ direkt darunter. Immer mit schönstem Blick auf das glasklare Meer. Hier gibt es nicht nur Souvenirläden und gemütliche Restaurants, die ihren Betrieb bei Sonnenschein auch nach draußen verlegen und dabei sowohl Plätze als auch größere Treppenstufen nutzen, sondern auch ein kleines Museum der Alltagsgeschichte, das „Museo Arte e Tradizioni Popolari del Gargano G.Tancredi“. Es ist in einem ehemaligen Franziskanerkonvent untergebracht und zeigt Objekte des Alltags der vergangenen Jahrhunderte.






Man fühlt sich ein bisschen so, als würde man bei Uroma durch Stall und Stube schnüffeln. Allerdings fehlen ohne Audio- oder anderen Führer die Hintergrundinformationen. Sonst hätte es bestimmt auch Davide besser gefallen, der das Museum langweilig fand und auch für die tolle Aussicht aus den Museumsfenstern auf Monte Sant’Angelo wenig übrig hatte. Das haben wir beispielsweise in Lucera schon anders erlebt, wo eine nette Signora uns durch die Räume führte und jede noch so kleine Frage unseres Sohnes zu beantworten wusste.



Eine rote Straßenkatze versöhnte ihn jedoch schnell wieder mit seinem Schicksal und so ließ er auch einen Foto mit den Engelsflügeln der amerikanischen Straßenkünstlerin Colette Miller von sich schießen. Als Teil ihres „Global Angels Wings“ Projekts hat sie diese erst im letzten Jahr auf einer Treppenwand der Piazza De’Galganis realisiert. Während wir im Außenbereich des Restaurants „Le Clarisse“ sehr gutes Essen und den schlimmsten Service des ganzen Gargano erlebten, konnte ich gut beobachten, wie immer wieder vor den Flügeln posiert und fotografiert wurde. Ein Foto mit diesen prächtigen Engelsflügeln ist definitiv eine tolle Erinnerung und gehört neben den „Hostien mit Mandeln“ und Michael-Devotionalien sicher bald zum „Must-Have“ der Besucher des Städtchens der Engel.
Süßes Souvenir – „Ostie Piene“
Der Heilige Michael auf Bildern und diversen Staubfängern hatte uns es nicht so sehr angetan, aber über die mit Mandeln gefüllten Hostien stolpert man ebenfalls in jedem Laden mit Spezialitäten aus der Region. Das Rezept ist so einfach wie genial: man klebt ein paar Mandeln mit Honig auf einer Oblate fest und deckt sie mit einer zweiten Oblate zu. Fertig.
Diese knusprige Süßigkeit schmeckt überraschend lecker und, da die Mandeln und der Honig aus der Gegend kommen, kann man sich so die Aromen des Gargano mit nach Hause nehmen. Leider halten sie nicht lange vor. Wir hätten die größere Packung kaufen sollen.
Um das Urlaubsgefühl noch ein bisschen zu verlängern, planen wir immer etwas für den Vormittag des Rückreisetags. Ganz in der Nähe von Monte Sant’Angelo befindet sich seit dem sechsten Jahrhundert, wo schon Eremiten in Höhlenwohnungen die Nähe zu Gott gesucht haben, die „Abbazia Santa Maria di Pulsano„. Eine alte katholische Abtei und einsame Höhlenwohnungen – wer genügend Zeit mitgebracht hat, sollte sich diese besondere Erfahrung nicht entgehen lassen. Wir sind jedenfalls hingefahren und haben auf dem steilen Berghang tüchtig geschwitzt. Aber darüber schreibe ich im nächsten Bericht mehr.