Casale di Balsignano

„Casale di Balsignano“ – Kleinod (fast) vor der Haustür

Der Ausflug, von dem ich heute berichten will, ist schon etwas länger her. Am 25. April feierte Italien nämlich den Tag der Befreiung und so befreiten wir uns vor gut zwei Monaten auch mal – und zwar von der Arbeit, den Winterjacken und der häuslichen Umgebung. Wir nutzen einen sonnigen Vormittag, um dem Tipp eines meiner Schüler folgend vom Bahnhof im nahegelegenen Modugno zum mittelalterlichen Anwesen „Casale di Balsignano“ zu wandern. So jedenfalls die Originalidee.

Den Wanderzahn zog uns jedoch schon der Besitzer der Bar am Bahnhof von Modugno, der meinte, mit den Kindern so ein ewiges Ende zu laufen, könne uns den Vormittag ruinieren. Nun sind knappe 4 Kilometer nicht wirklich weit, aber statt – wie von meine Schüler beschrieben – zwischen Trockensteinmauern durch die Olivenhaine zu wandern, sollte es durch Modugno Stadt gehen und Pflastersteine unter den Füßen hatte ich mir für den ersten schönen Vormittag seit einer gefühlten Ewigkeit im Regenfrühling nicht vorgestellt.

Was war mir da nur empfehlen worden?!? Jedenfalls fuhren wir schließlich mit dem Auto zum gut ausgeschilderten Monument.

Es war schon komisch, dass die Parkmöglichkeiten sich am Casale in Grenzen hielten, und auf den Wegen überall Pfeile aufgemalt waren, aber erst als unser Führer Giordano auf unsere Frage nach dem tollen Wanderweg von Bahnhof durch die Olivenhaine meinte, dass es in Modugno zwei Bahnhöfe gebe, und der andere wirklich nur zwei Kilometer vom historischen Häuschen entfernt liege, fügten sich diese Beobachtungen als Puzzelsteinchen zusammen und ich tat meinem Schüler im Geiste Abbitte. Aber nur eine Halbherzige. Schließlich hätte er den zweiten Bahnhof, den man in einem apulischen Kaff keinesfalls erwartet, mal erwähnen können!

Casale di Balsignano
Giordano erklärt den Lageplan

Dem ungeachtet zahlten wir 5 Euro Eintritt plus Führung für Erwachsene. Unsere Kinder (8 Jahre) durften gar gratis eintreten. Sie schwärmten sogleich über den mit Olivenbäumen bewachsenen Rasen aus hin zum ersten Monument – einer halb eingestürzten Kirche, die sie neugierig umrundeten bis Giordano uns zusammenrief um die Führung zu beginnen.

Casale di Balsignano
Casale di Balsignano – Innere Mauer und „Kastellchen“

Das war dann tatsächlich schon die nächste Überraschung. Im Gegensatz zu den vielen Sehenswürdigkeiten in Apulien, die nur mit der Hilfe von Freiwilligen zugängig gemacht werden können, leistet sich Casale di Balsignano fest angestelltes Fachpersonal. Giordano überzeugte uns nicht nur durch das vermittelte Wissen über die Geschichte der Mini-Siedlung im apulischen Hinterland, sondern er schaffte es, mit ein paar Fragen unsere Kinder, die plötzlich mit ihrem Grundschulwissen zur Freskenherstellung glänzen konnten, für die mittelalterlichen Ruinen aus dem 10. und 11. Jahrhundert zu begeistern. Ihre Fragen beantwortete er natürlich auch altersgemäß, sodass sie sich immer wieder etwas zu fragen trauten.

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  • Casale di Balsignano - Chiesa di San Felice
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Was wir von unserem knapp zweistündigen Besuch mitgenommen haben, ist die Tatsache, dass Casale di Balsignano auf die Anwesenheit von Benediktinermöchen zurückgeht, die hier lebten und arbeiteten und irgendwann auch die Kirche „Santa Maria“ errichteten. Das Anwesen wurde im Laufe der Zeit immer wieder überbaut und den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Unter anderem war man daran interessiert, so viele Taubenschläge wie möglich einzurichten und hieß die eierlegenden Fleischhäppchen in den Wänden des Kastells und auch der Kirchen willkommen.

Heute sehen wir Casale di Balsignano als befestigte Siedlung mit dem „Kastell“, dass sich zur Außenwelt fensterlos und wehrhaft gibt, nebst hohen Mauern, die den Schlosshof mit seiner Kirche und mehreren Zisternen einschließen. Zwischen der inneren Mauer und den äußeren haben fleißige Bauern irgendwann Olivenbäume angebaut. Vielleicht waren unter ihnen auch diejenigen, welche die vielen fehlenden Steine der Gebäude abtransportiert und irgendwo wiederverwendet hatten.

Casale di Balsignano
Im Innenhof

„Casale di Balsignano“ liegt übrigens tatsächlich an einem offiziellen Wanderweg und ist die erste Etappe des „Cammino Materano – Via Peuketa“, auf dem man auf den Spuren der Peuketier, wie die Griechen die Bevölkerung im Großraum Bari nannten, wandeln kann. In der Touristeninformation des Casale kann man sich auch seinen Stempel im Wanderheft abholen, der besagt, dass man die erste Etappe geschafft hat… so man denn weiß, dass man an dem anderen Bahnhof außerhalb der Stadt loswandern sollte. Mit dem Auto herzukommen, zählt wahrscheinlich nicht.

7 Gedanken zu „„Casale di Balsignano“ – Kleinod (fast) vor der Haustür

    1. Corinna Autor

      Ja, das (Modugno-Santiago) fand ich ein bisschen ambizös. 😉 Aber die Idee des kulturellen Wanderweges finde ich eigentlich sehr schön. Da kann man mal die eine oder andere Strecke spazieren.

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