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Ist der Frauentag noch zeitgemäß?

Auf diese Frage, die ich mir jedes Jahr am 8. März wieder stelle, will ich in diesem Jahr mit einer kleinen Episode aus meinem persönlichen Erfahrungsschatz antworten. So geschehen, als ich im letzten Jahr vom Straßentigerleben zwischen Englischprüfungen, dem Gerangel um Projekte in staatlichen Schulen und dem Unterrichten in verschiedenen Sprachschulen ziemlich die Nase voll hatte und mich in der freien Wirtschaft um Arbeitsstellen als Angestellte bewarb.

Ich schrieb also auf alle Annoncen, in denen Leute gesucht wurden, die gut Deutsch und Englisch sprechen, ein gewisses Kommunikationstalent haben und organisieren/ verwalten können. Warum es in Italien nicht üblich ist Absagen zu schreiben, sei mal dahingestellt, birgt aber für die scheinbar ignorierten Bewerbenden schon ein gewisses Frustpotential. Aufgrund von bereits vorhandener Arbeitserfahrung und den gewünschten Deutschkenntnissen ein Gehalt von 1200 Euro für eine 45-Stunden-Woche mit jährlich wiederkehrender Urlaubssperre von April bis November angeboten zu bekommen, war auch nicht motivierender.

Doch dann hatte ich es endlich! DAS Jobangebot. Einarbeitung halbtags über drei Monate. (Ich würde meine aktuellen Projekte ausschleichen können.) Dann Vollzeit von Montag bis Freitag. (Ohne Samstag oder Sonntag!). Ordentlicher Arbeitsvertrag mit Urlaub, Absicherung im Krankheitsfall. Spannende Dienstreisen zu Messen nach Deutschland. Nur noch eine letzte Absprache mit meinem Mann und den aktuellen Arbeitgebern übers Wochenende. Dann waren alle Skrupel beseitigt und ich rief am Montagmorgen in der Firma an, um zu sagen, es könne zum genannten Datum losgehen. Man versprach mir, sich noch am selben Tag zu melden um weitere Schritte zu besprechen. Es meldete sich niemand.

Am nächsten Tag ging vormittags niemand ans Telefon. Ich schrieb eine freundlich fragende Email. Und nach 18 Uhr kam ein Anruf mitten im Unterricht: Also wir glauben nicht, dass Sie das mit der Kinderbetreuung organisieren können, und deshalb werden wir Sie nicht einstellen.

Ich war völlig vor den Kopf gestoßen und klang vielleicht sogar ein wenig hysterisch, als ich der Telefonstimme vorwarf, dass sie das nicht mehr machen könne, wo sie doch seit dem ersten Vorstellungsgespräch schon von meinem Kind, das zu diesem Zeitpunkt immerhin fast 8 Jahre alt war, wussten. Außerdem hatte ich bereits meine anderen Arbeitgeber informiert. Sie entschuldigte sich, verwies auf den Besitzer des Unternehmens und hörte sich auch wirklich betrübt an, aber dann legte sie auf. Wieder im Raum, sagte ich der Schülerin, dass meine Oma gestorben wäre. Sie bot mir höflich ein Taschentuch an.

Nach dieser Erfahrung war mein Elan, was einen neuen Job anbetraf, jedenfalls komplett verpufft.

Glücklicherweise habe ich immer mehrere Eisen im Feuer und hatte mich im Frühjahr schon bei einer Internetplattform für Lehrer eingeschrieben. Die Nachfrage nach Privatlehrern für Deutsch als Fremdsprache begann im letzten Viertel des vergangenen Jahres vor allem im Onlinebereich zu boomen, gerade als sich das Ende eines anderen wichtigen Projekts angekündigt hatte. Deshalb bin ich in diesem Frühjahr nicht wieder auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle, sondern wirklich froh darüber, dass ich im Moment so erfolgreich mein eigener Boss bin. (Hier in einem Interview bei Nicole auf InkedIn nachzulesen.)

Und was soll ich sagen, auch die Kinderbetreuung klappt. Selbst bei 40 Wochenstunden und Samstagsarbeit.

Daher allen Leserinnen die besten Wünsche zum Frauentag mit Italiens Frauentagssymbol Nummer 1 und zwar sonnengelben, puscheligen Mimosenblüten!

Und was sagt ihr, liebe Leserinnen und Leser, ist der Frauentag noch zeitgemäß? Schreibt es in die Kommentare!