Archiv für den Monat Oktober 2023

Castello Aragonese Taranto

Was hat der Graf von Monte Christo mit dem Kastell von Taranto zu tun?

Darüber, warum Taranto als touristischer Anlaufpunkt eher problematisch ist, habe ich schon berichtet. Genauso problematisch ist es für hier lebende Deutsche diese Stadt nicht „Taranto“ zu nennen, denn auf Deutsch sollte sie eigentlich Tarent heißen. Aber das hört sich irgendwie falsch an. Auch unter deutschsprechenden Kollegen sagt niemand Tarent. Merkwürdig oder? Mit Neapel, Venedig, Mailand oder Florenz hat man da eher weniger Probleme. Vielleicht, weil diese Städte im Gegensatz zu Taranto viel häufiger benannt werden.

Aber wie man Taranto/ Tarent auch nennen möchte, man muss auf jeden Fall erwähnen, dass die Stadt ein sehr schönes Schloss zu bieten hat, was die Leute, die dort zeitweise eingekerkert waren, sicherlich anders sahen. Heute gehört es der italienischen Marine und, soweit wir erfahren haben, wird dort niemand mehr gefangen gehalten.

Das Äußere des Castello Aragonese geht wie bei fast allen apulischen Schlössern auf die Byzantiner und später auch auf den allgegenwärtigen Friedrich II. zurück. Heute zeigt es das wehrhafte Antlitz eines Kastells der Aragonier aus dem 15. Jahrundert, das auch Kanonenbeschuss standhalten musste. Weil jedoch ein Heiliger in Apulien nicht fehlen darf, wird das Schloss auch oft nach einem seiner Türme „Castello Sant Angelo“ genannt. Allerdings existiert gerade dieser Sant-Angelo-Turm heute nicht mehr, denn er musste im 19. Jahrhundert dem Kanal, welcher noch heute das große mit dem kleinen Meer verbindet, und der für Taranto symbolhaft gewordenen Drehbrücke weichen. Keine Angst! Es sind trotzdem noch vier Türme verblieben, sodass das Schloss sich nicht hinter anderen apulischen Schlössern verstecken muss.

Wer nach Taranto kommt, sollte dort also unbedingt vorstellig werden, denn das Schloss auf der „Isola del Borgo Antico“ (Altstadtinsel) wurde von der italienischen Marine nicht nur restauriert, sondern auch zu großen Teilen öffentlich zugänglich gemacht. Tatsächlich sind Führungen hier von morgens um 9 bis nachts um 2 (!) gratis (!).

Wir besuchten das Schloss am späten Nachmittag des 3. September und wurden von einem enthusiastischen Marineoffizier begrüßt, der uns wie ein geborener Entertainer durch die Räume führte. Sehr lebhaft erzählte er von der wechselvollen Geschichte des Schlosses, das ursprünglich zum Schutz vor Angriffen der Sarazenen, deren wohl eindrucksvollstes Gemetzel in Otranto stattgefunden hat, gebaut und dann immer wieder überarbeitet wurde, um neuer Kriegstechnik standhalten zu können.

muro federiciano castello aragonese Taranto
Nicht so dick – Federizianische Mauer im Schloss von Taranto

Er wies uns auf die unterschiedliche Dicke der mittelalterlichen und der aragonischen Mauern aus dem 15. Jahrhundert hin. Tatsächlich sind fast 9 Meter Mauerdicke deutlich eindrucksvoller als die mittelalterlichen knapp eins fünfzig, welche nur Pfeilen und Rammböcken standhalten mussten.

Castello Aragonese Taranto - muro aragonese
Fast 9 Meter dick – Mauer aus dem 15. Jh.

Besonders eingeprägt haben sich auch einige Ausstellungsstücke, die in Vitrinen zu sehen sind:. Ein gut erhaltenes Skelett einer Frau und besonders die mumifizierte Katze, welche dereinst im Tode unter Kanonenbeschuss mit weit geöffnetem Maul nach Atem rang.

Mit stolz geschwellter Brust erzählte er uns auch von General Thomas-Alexandre Dumas, dem Vater des berühmten französischen Schriftstellers. Dieser, also General Dumas, war hier von 1799 bis 1801 eingekerkert und unserem Führer zufolge standen dessen Tagebuch-Beschreibungen des Castello Aragonese von Taranto dem Château d’If aus Alexandre Dumas Roman „Der Graf von Monte Christo“ Pate, manche seien sogar wortwörtlich übernommen worden. Die illustre Persönlichkeit des Vaters Dumas und seine Militärkarriere wurden hingegen in die „Drei Musketiere“ verarbeitet. Ein bisschen Abenteuerromantik steht dem kleinen Städtchen ebenso gut wie die besondere Drehbrücke, die uns nicht nur zu ihren Füßen am Ufer des Kanals sondern auch mit Hilfe eines motorisierten Modells im Inneren des Schlosses erklärt wurde.

Von der Neustadt kommend ist das Schloss der Altstadt von Taranto vorgelagert und mit nur ein paar Schritten ist man schon an den Griechischen Säulen vorbei geschlendert und in der einzigen touristischen Altstadtstraße angekommen, wo man in der braceria „Locoanda dei Briganti“ sehr gut und zu einem moderaten Preis einfache Gerichte und Fleisch essen kann. Wir waren dort schon zweimal und es hat uns beide Male super geschmeckt!

Der Besuch des Castello Aragonese ist jedenfalls genauso interessant wie kurzweilig und zum Glück gibt sich der Führer auf die meisten seiner Fragen zur italienischen Geschichte gleich selbst eine Antwort.

Führungen auf Italienisch. Für Englisch einfach nachfragen: http://castelloaragonesetaranto.com

Schloss von Taranto patriotisch beleuchtet