Archiv für den Monat Mai 2015

Selbsternannter Prolet bringt Filmluft in seine Heimatprovinz

Conversano (siehe Foto oben) und Capurso sind an den meisten Tagen des Jahres eher verschlafene, kleine Orte in der Peripherie von Bari. Bisher änderte sich das in Conversano nur, wenn im August mit Feuerwerk und Reiterumzug das Fest zu Ehren des Stadtheiligen San Rocco gefeiert wird. Und Capurso erwacht sonst nur für das Fest zu Ehren der Madonna des Brunnens im September aus seinem Dornröschenschlaf. Doch in diesem Jahr steht man schon im Mai in Capurso, Conversano, sowie in der weiteren Umgebung leicht Kopf. Man erinnert sich an lustige Filmabende, diskutiert an den Straßenecken und so mancher Einwohner hat plötzlich Ambitionen, ein Star zu werden. Was ist passiert?

Capursos berühmtester Sohn ist zurück, um in Conversano Teile seiner neuen Komödie zu drehen: Luca Pasquale Medici alias Checco Zalone; Jahrgang 1977, aufgewachsen in Capurso, Gymasium in Conversano und Studium der Rechtswissenschaft in Bari (Wikipedia). Irgendwann treibt es ihn zum Jazz, wobei er Auftrittserfahrung gewinnt, und 2004 debütiert er schließlich als Komiker.

2006 wird sein zunächst hauptsächlich im Internet verbreiteter Song Siamo una squadra fortissimi zur inoffiziellen Hymne der Fußballweltmeisterschaft, aus der Italien bekanntlich als Sieger hervorgegangen ist. Dieses sommerleichte Lied mit seinem mit Fehlern gespickten Text lässt Checco Zalone, den selbsternannten „Proleten“ (in Barese: Cozzalone), in aller Munde sein.

cado dalle nubi Filmplakat

Filmplakat

2009 erscheint sein erster Film „Cado dalle nubi“ („Ich fall‘ aus allen Wolken“), der autobiografische Züge aufweist: Der Barsänger Checco aus Polignano a Mare reist in die Großstadt Mailand, um berühmt zu werden, und findet Unterschlupf bei seinem schwulen Cousin. Während er als Gitarrenlehrer arbeitet und versucht, bei einer Talentshow anzukommen, verliebt er sich in ein Mädchen, dessen Eltern alles andere als begeistert von dem „Terrone“ (beleidigende Bezeichnung für Süditaliener) sind. Der Film und auch der dazugehörige Soundtrack mit Songs von Zalone werden ein Erfolg. Zwei weitere Filme und zahlreiche Alben folgen und nun also wird der vierte Film gedreht, in dem mindestens eine Szene auch im Schloss von Conversano spielen soll.

Zum Vorsprechen am 25. Mai kamen laut Gazetta del Mezzogiorno 200 hoffnungsvolle Vielleichtkomparsen zum Casting nach Conversano. Zum zweiten Termin am Folgetag waren es sicher nicht weniger. Nun fragt sich jeder, worum es in dem neuen Film wohl gehen soll. Darüber hat Zalone unlängst mit der Zeitung „Repubblica“ gesprochen: Checco verliert seinen festen Arbeitsplatz in einem Büro nur ein paar Schritte von seiner Wohnung entfernt und wird zur Mobilität gezwungen. Sein neues Leben führt ihn dabei aus dem beschaulichen Apulien über Lampedusa und Sardinien bis nach Norwegen und zum Nordpol.

Schloss Conversano

Das Schloss von Conversano

Die Provinz Bari und natürlich besonders der Heimatort Zalones sind sehr stolz auf ihren berühmten Sohn und Kassenmagneten des italienischen Films. Allerdings ist dieser Filmdreh nicht der erste in Conversano. Schon „Casanova 70“ (1965) mit Marcello Mastroianni brachte dem Ort etwas Aufmerksamkeit. Doch von Zalones Film erhofft man sich nun auch konkrete Auswirkungen auf den Tourismus, da der Ort dieses Mal nicht nur abstrakte Kulisse, sondern auch Handlungsträger werden soll. Warum nicht? Apulien hat so viele versteckte, kleine Schätze, die es sich zu entdecken lohnt. Da nimmt sich Conversano nicht aus.