Bianca, pack deine Brüste ein!

Innenhof

Innenhof – Stauferkastell von Gioia del Colle

Historiker und Stauferfans finden in Apulien reichlich Gelegenheit ihr Steckenpferd zu reiten. Ich hab‘ mal eine Karte im Kastell von Trani fotografiert, in der alle geöffneten, geschlossenen und auf Anfrage zu besichtigenden Burgen eingezeichnet sind. Da wird deutlich, dass Apulien sehr viel mehr zu bieten hat, als „nur“ das berühmte Castel delPentax Digital Camera Monte oder das Castello Svevo von Bari – zum Beispiel auch ein Kastell in Gioia del Colle, etwa 20 Autominuten südlich von Bari auf halbem Weg nach Taranto.

Torbogen

Torbogen – Innenansicht

Die hohen Mauern wirken nicht gerade einladend, aber das war wohl auch der Sinn bei einem Verteidigungsbau. Der Aushang auf dem steht, dass an jedem ersten Sonntag im Monat der Eintritt in das Museum gratis ist, hätte uns jedoch auch hinein gelockt, wenn wir nicht extra deswegen nach Gioia gefahren wären (sonst 5 Euro, ermäßigt 3). Wir passieren ein kleines Tor und schon stehen wir in einem rechteckigen Innenhof, den ich bereits von anderen Stauferkastellen gewöhnt bin. Wo sind die voluminösen Ecktürme? Ja, richtig, zwei vonKamin in Thronsaal ursprünglich vier Türmen stehen noch. Das Schloss macht einen gut erhaltenen Eindruck. Es gibt eine große Freitreppe, im Obergeschoss in jedem größerem Raume einen Kamin… und natürlich müssen wir uns auf den Thron setzen, um ein bisschen Quatsch zu machen. Irgendwie werde ich in Schlössern immer zum Kind. Da macht es auch gar nichts aus, dass wir hinterher lernen, dass die tolle Freitreppe aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts stammt und die Ausstattung des Thronsaals mit allen Sitzgelegenheiten und den Kaminen eher „historisch nachempfunden“ wurde. Nach dem völlig leeren Castel del Monte und dem ebenso nackte Wänden des Kastells von Trani wirkt das aufgehübtschte Mittelalter in Gioia geradezu heimelig.

noch mehr HofNatürlich gibt es auch – wie zu jedem ordentlichen historischen Gebäude – eine blutige Geschichte. Die erfahren wir im Südost-Turm, dem sogenannten Kaiserinnenturm: Hier befanden sich dereinst die Gemächer von Bianca Lancia, einer Geliebten Friedrichs II., die ihm den gemeinsamen Sohn Manfred gebar. Auf Befehl des eifersüchtigen Friedrichs soll die schwangere Bianca im Kaiserinnenturm eingekerkert worden sein, da er sie einer Beziehung mit ihrem Pagen verdächtigte.

Nach der Geburt Manfreds, stellte sich jedoch heraus, dass er dasselbe Mal wie Friedrich II. aufMiez Miez der linken Schulter trug. Statt nun triumphierend zu lachen und sich eine üppige Wiedergutmachung zu erschmollen, schnitt Bianca sich beide Brüste ab und ließ diese gemeinsam mit ihrem Kind zum Stauferkaiser bringen. Klar, dass sie diese Selbstverstümmelung nicht überleben konnte und der Legende nach in dem Turm gestorben sein soll. Wenn ihr mich fragt, hat sich ein Mann diese Geschichte ausgedacht; vermutlich einer mit einem gestörten Verhältnis zu Frauen und/ oder Brüsten. Es ist mir auch nicht ganz klar, wie Frau Lancia sich derart verletzt noch mit Friedrich vermälen konnte, um Manfred zu legitimieren, aber man muss ja auch nicht alles verstehen. Manchmal reicht es schon, wenn nur genug Blut spritzt.

Pentax Digital Camera

Ausgrabungsfunde

Von dieser erschütternden Geschichte kann man sich dann auf dem Rundgang durch eine kleine, aber feine Ausstellung mit Ausgrabungsfunden, die aus dem 6. bis 3. Jahrhundert. v. Chr. stammen, erholen. Wer das dazugehörige Ausgrabungsgebiet „Monte Sannace“ unweit von Gioia del Colle besuchen möchte, sollte an der Kasse des Kastells auch gleich Karten erwerben. Sonntagvormittags finden Führungen statt. Das machen wir sicher einmal an einem anderen Sonntag.

9 Gedanken zu „Bianca, pack deine Brüste ein!

  1. blitta

    Jaaa, Historikertipps! Besonders toll ist die Stelle, wo „unser“ Stauferkönig verstarb, da stehen heute noch die Grundmauern und man guckt in eine richtig wohltuende hügelige Landschaft! Und Manfredonia etc. – Puglia ist ein Traum für Stauferfans wie mich…

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    1. Corinna Autor

      So viel Begeisterung wirkt ja direkt ansteckend! Wo ist denn „die Stelle“, an der Friedrich verstorben ist? Da würde ich glatt mal hinfahren. Manfredonia steht mit ziemlich vielen Orten auch auf meiner Noch-Zu-Besuchen-Liste.

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      1. blitta

        Muss nochmal nachgucken, ich weiß gar nicht mehr wie wir damals diese völlig unzulänglich ausgeschilderte Ecke gefunden haben…

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  2. Gitti

    Toll, ich liebe alte Burgen, ob der schönen Aussichten die garantiert sind und der obligatorischen Geschichten, die nicht immer logisch und heute nachvollziehbar sind. Vielleicht hat das die Zeit so mitgebracht, das vieles nicht mehr verständlich ist. Macht nichts Hauptsache schön gruselig.

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  3. handvolldackel

    Keine Burg ist komplett ohne Gruselgeschichte und mindestens eine Weiße Frau und/oder einen kopflosen Ritter 🙂 Die Sache mit dem Brüste abschneiden ist allerdings etwas, wovor selbst Inquisitoren (wenigstens gelegentlich) zurückgeschreckt sind.

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  4. Friederike

    kennst du die Geschichte seiner Geburt? Die ist auch ganz schön grotesk, sie fand nämlich in einem Zelt auf der Piazza von Jesi (Marken) statt und noch dazu mitten im Winter (Weihnachtszeit)…
    Auf dem Platz kann man die Umrisse des Zelts zu sehen,
    lg

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  5. ulrisco

    Was für ein Titel!!!! Tolle Geschichte, toller Artikel..freue mich auf mehr und Apulien steht jetzt immer weiter oben auf meiner Reiseliste!
    Liebe Grüße,

    Ulrike

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  6. Katha

    Also ich stimme dir zu, diese Geschichte ist echt haarsträubend. Ich glaube, ich hätte mir wirklich eher etwas erschmollt und dem guten Friedrich etwas abgeschnitten … 😉

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    1. Corinna Autor

      *lol* Ich glaube, in dem Fall hättest Du Dich für eine Sache entscheiden gemusst. Nach dem Abschneiden wäre das Erschmollen bestimmt keine Option mehr. 😉

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