Abtauchen in die Vergangenheit – Castello Svevo di Bari

castello svevo di BariVor ein paar Wochen ist mir aufgefallen, dass ich zwar schon über Bari und seine Altstadt, aber noch gar nichts über die Burg der Staufer, das Castello Svevo, von Bari geschrieben habe. Das liegt nicht etwa daran, dass ich dort noch nie hineingegangen wäre – im Gegenteil ich führe natürlich jeden Besucher, der Lust auf Geschichte hat, dorthin – dennoch ist es im Gegensatz zum Castel del Monte nicht so spektakulär, dass man es unbedingt von Innen gesehen haben muss. Aufgrund seiner wechselvollen Geschichte mit den unterschiedlichsten Nutzungsarten angefangen bei der Festungsanlage aus dem 12. Jahrhundert über den Wohnsitz Friedrichs II., bis hin zur Nutzungs als Gefängnis oder später als Wohnraum für die Stadtbevölkerung castello svevo di bari, ist von der Innenausstattung eines Schlosses oder Kastells nicht viel mehr  übrig geblieben als kahle Räume. Seit Jahrzehnten wird das Stauferkastell renoviert, aber diese Arbeiten schreiten noch langsamer voran als in unserer Traumwohnung – und das will schon etwas heißen. Daher wird wie bei zahlreichen potenziellen Touristenmagneten Süditaliens das Potenzial der Anlage bei weitem nicht ausgenutzt. Davon zeugt schon allein die dürftige Internetseite.

001Im Kastell befinden sich heute die Büros einer Abteilung der Oberintendantur für Altertumswesen. Im Paterre des inneren Schlosses kann man eine Gipsfigurenausstellung sehen. Gezeigt wird ein Querschnitt durch die Geschichte castello svevo di Bariapulischer Plastiken vom 11. bis zum 17. Jahrhundert, die aus den wichtigsten Kultstätten der Region zusammengetragen worden sind. In den Räumen des Obergeschosses hingegen sind Keramikengefäße aus dem 16. und 17. Jahrhundert ausgestellt, die bei der Untersuchung einer Abfallgrube des Schlosses gefunden wurden. An ihnen sieht man sehr schön, wie sich Formen, Muster und Farben des traditionellen Geschirrs aus Apulien über die Jahrhunderte erhalten haben,IMG_20130701_135658 denn so oder ähnlich gibt es sie noch immer in den kleinen Handwerksbetrieben der Region zu kaufen. Außerdem sind auch die Residenzräume der Bona Sforza zugänglich. In ihnen befindet sich eine Fotoausstellung zur neueren Schlossgeschichte und gelegentlich werden Sonderausstellungen von Gemälden oder Fotos in den weitestgehend kahlen Räumen gezeigt. Manchmal finden abends kleinere Events im Mutlimediasal statt.

IMG_20130701_140459In besagtem Multimediasal kann man sich tagsüber mit Hilfe eines etwa zwanzigminütigen Films auch über die Geschichte des „Castello Svevo di Bari“ informieren. Ein freundlicher Mitarbeiter fragt, in welcher Sprache er den Film vorführen soll. Deutsch und Englisch sind auf jeden Fall zu haben. Um jedoch zunächst dorthin zu gelangen, betritt man das Kastell durch das Tor am Ende der steinernen Brücke über dem Festungsgraben. Ein paar Schritte weiter stößt man zwangsläufig auf die Kasse. Geöffnet ist außer mittwochs (Ruhetag) immer von 8:30 Uhr bis 19:30 Uhr. Den Eintritt kostet angemessene drei Euro. Mit dem Ticket darf man dann durch das von Friedrich II. angelegte Prunktor in den inneren Bereich der Festung vordringen.  Der karge Innenhof wird von ein paar Palmen und einemIMG_20130701_150737 Brunnen geschmückt. Aufgrund der Schlichtheit der Anlage ziehen vor allem die niedlichen Schlosskatzen, von denen sich die jüngeren im Schatten tummeln, während die älteren lieber vor sich hin dösen, den Besucherblick auf sich. Vom Innenhof aus kann man die verschiedenen Ausstellungsräume der Anlage betreten und sollte, auch wenn die Türen nicht offen stehen, wirklich jede Türklinke niederdrücken, um keinen der für Touristen geöffneten Raum zu verpassen.

Castello Svevo di BariDie Fundamente der ältesten Bebauung des Schlossareals stammen aus dem 11. Jahrhundert. Über die Reste einer Kapelle aus dieser Zeit können die Besucher auf Metallgittern hinweg spazieren. Als die Normannen im 12. Jahrhundert weite Teile Süditaliens erobert hatten und der aufkeimenden Macht der Städte entgegen zu wirken versuchten, wurden die alten Festungsanlagen Apuliens wie das Castello di Bari nach ihren Vorstellungen zur Verteidigung aus- und umgebaut. Aus dieser Epoche stammt der viereckige innere Mauerring mit seinen Eck- und Zwischentürmen (Stefania Mola: Apulien. Die Schlösser, Adda Editore, 2007).

Castello Svevo di BariFriedrich der Zweite, den die Baresen nach seiner Rückkehr aus dem Kreuzzug nicht mehr in die Stadt lassen wollten, baute das Kastell nach seiner gewaltsamen Rückeroberung Baris weiter zur Festung aus. Da er mit ihm jedoch auch gleichzeitig einen angemessenen Wohnsitz sein Eigen nennen wollte, wurden schmückende Elemente wie das imposante Portal und der Laubengang, der heute noch teilweise existiert, errichtet (Ekkehart Rotter: Apulien, Dumont, 2010). Eine zweite Blüte erlebte das Schloss als Isabella von Aragon aus dem Geschlecht der Sforza von Mailand ihren Hof nach Bari verlegte. Unter ihr und ihrer Tochter Bona Sforza, welche gleichzeitig Königin von Polen war, trat die militärische Rolle des Stadtschlosses etwas in den Hintergrund. Das Kastell wurde zwar an drei Seiten mit einer Mauer und Bollwerken umgeben, doch außerdem wurden für damalige Zeiten komfortable Residenzräume errichtet. Unter dem König von Neapel wurde das Kastell dann zum Gefängnis. Als Kaserne diente es ebenfalls zeitweilig.

Castelloo Svevo di BariNach dem Zweiten Weltkrieg wurde der breite Burggraben als Garten mit Buchsbaumhecken und Sträuchern gestaltet. Bis in die 70er Jahre hinein befanden sich im Schloss Wohnungen der normalen Bevölkerung, sowie Läden und Schulräume. Heute sieht der Graben wieder wie ein Festungsgraben aus, indem hauptsächlich Unkraut wächst. Wenn man genau hinsieht, kann man in dem Grünzeug, das hier und dortcaperi aus Mauerspalten ragt, Kapernbüsche erkennen. Mehr als zwei Stunden braucht man für die Besichtigung des Kastells nicht einzuplanen, d.h. man kann keinen Vor- oder Nachmittag damit füllen, doch man kann es gut mit einem kleinen Altstadtbummel und einer kühlen Granita (Fruchtsaftsorbet) in einem der umliegenden Caffés verbinden.

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4 Gedanken zu „Abtauchen in die Vergangenheit – Castello Svevo di Bari

  1. Emily

    Es ist so schön deine Beiträge zu lesen, dass mich die Lust packt nach Bari zu reisen. Also, wenn es ginge und möglich wäre und überhaupt… Aber wer weiß, wer weiß 😉

    Liebe Abendgrüße, Emily

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  2. Gitti

    Gefällt mir und ist sehr informativ. Ich war schon da und es hat mir gefallen. Für Baribesucher ein Muss, um informiert zu sein.

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