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Castelfiorentino – Sterben mit Ausblick

Eine hilfsbereite und von unserer Neugier überaus erfreute Eintrittskartenverkäuferin in der Festung von Lucera hat uns auf den Ort aufmerksam gemacht, in dem der Stauferkaiser Friedrich II. sein Leben beschied. Nicht in Deutschland, dem Land seiner Ahnen, auch nicht in Sizilien, wo er das Licht der Welt erblickte, sondern in der Region, die er am meisten liebte – in Apulien. Hier befand sich nur 20 Autominuten nördlich von Lucera im Mittelalter das kleine Städten Florentinum.

Blick aus dem TurmHeute gelangt man zunächst über eine schmale asphaltierte Straße bis an den Hügel, auf dem man schon von Ferne die Ruine des Torremaggiore, eines mittelalterlichen Wachturms, ausmachen kann. Dann fragen wir uns, ob man dem Navigationssystem trauen kann, denn es weist nach rechts auf einen noch schmaleren, sandigen Feldweg. Sehen wir mal. Der Sandweg führt nach eine Kurve fast gerade und sehr steil den Berg hinauf. Ich beuge mich nach vorn, klemme die Nase ans Lenkrad, um den Weg noch zu sehen und in der ausgewaschenen Spur bleiben zu können. Rückwärts wieder runter will ich auf keinen Fall. Also geht es nur vorwärts. Der Panda krappt. Steinchen spritzen krachend gegen das Bodenblech. Luigi krallt sich in den Beifahrersitz und stößt einen Laut zwischen Missbilligung und Angst aus. Aber schließlich erreichen wir eine ebene Parkfläche direkt vor einem offenen Tor, das einsam und zaunlos am Ende der Straße herumsteht. Wir sind angekommen.

Glücklicherweise hat sich der FAI (Fondo L’Ambiente Italiano) dieses gottverlassenen Ortes angenommen und Friedrich II. stilecht mit einer achteckigen Säule, die an das Castel del Monte, sein Vermächtnis in der Nähe von Andria, erinnert, ein Denkmal gesetzt. Sonst hätten wir wohl wirklich daran gezweifelt am richtigen Ort gelandet zu sein.

Außer der Turmruine und der Säule sind hier einige Grundmauern des einstigen Ortes ausgegraben und andeutungsweise aufgerichtet. Man erkennt, dass Häuser und Kirchen entlang einer breiteren Hauptstraße mit mehreren Querstraßen angelegt waren. Auch die Stadtmauer ist angedeutet. Zu Friedrichs Zeiten soll eine kleine Burg hier gestanden haben. Aber das ganze Ausmaß der Anlage zu erahnen, ist selbst für meine blühende Fantasie zu viel. Historiker werden wahrscheinlich mehr aus den Ruinen herauslesen, aber wir sind schon dankbar für die Steintafeln, auf denen steht, um was für ein Gebäude es sich handelt. Wirklich schön ist, dass man in Castelfiorentino so einfach in der Geschichte herumwandern und sich zwischen Steinen, die schon vor einem Jahrtausend behauen wurden, an den unendlichen gelben Stoppelfeldern ergötzen kann. Mein Sohn ruft nach einem Picknick. Leider sind wir nicht vorbereitet.

Als Friedrich II. hier starb, war es Mitte Dezember und die Tavoliere wahrscheinlich eher grün als gelb. Es ist auch nicht klar, ob eine Typhuserkrankung oder eine Blutvergiftung Friedrichs Leben ein Ende bereiteten, doch vielleicht blickte er von seiner letzten Bettstatt aus einem Fenster über die weite Ebene seiner geliebten Region Foggia, bevor er für immer seine Augen schloss und sein Leichnam schließlich nach Palermo überführt wurde. Eine tolle Aussicht hat man jedenfalls noch heute von hier. Und der Rest ist Geschichte.