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Meine große Liebe

Nein, in diesem Beitrag geht es nicht um Luigi. Der ist zwar auch eine große Liebe von mir, aber glücklicherweise reinigt er sich von selbst und braucht dafür hoffentlich noch mindestens 40 Jahre weder meine noch technische Unterstützung. Im Gegensatz zu meiner Terrasse, die jedoch auch eine große Liebe von mir ist.

Jedes Jahr blicke ich von Neuem auf sie hinaus und sehe nicht nur üppige Pflanzenpracht, sondern auch üppigen Algenwuchs und daran haftenden Schmutz. Vor Jahren hatte ich noch den nötigen Elan und die nötige Unbedarftheit, um mit einem Spachtel, Wasser und Kratzeschwamm über die Terrasse zu robben und besagten Algen den Garaus zu machen, während ich über die große Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ nachdachte (hier gehts zum Beitrag). Aber irgendwann begreift man, dass Typen wie Armando auf der heimischen Terrasse keinesfalls erwünscht sind, und, was noch wichtiger ist, dass man auch nicht jünger wird.

Vorher – Nachher

Die rauen, porösen Fliesen ebenfalls nicht. Deshalb bieten sie den perfekten Untergrund für die jährliche Erneuerung des wilden Bewuchses. Vielleicht wäre es nur ein ästhetisches Problem, wenn sie die Terrasse bei Regen nicht extrem rutschig machen würden… Aber ehrlich gesagt, es ist auch ein ästhetisches Problem. Hell sieht der Untergrund einfach besser aus als mit einem dunklen, fleckigen Belag.

Also musste irgendwann technische Abhilfe her. In einer regnerischen Nacht, in der sich eine Familie im Stock unter uns so sehr stritt, dass ich nicht schlafen konnte, surfte ich bei einem großen Internetversandhändler und mich traf ein Geistesblitz. Spontan orderte ich einen Kärcher. Als dieser kam, war ich nicht zu Hause. Deshalb musste ich das große Paket auch nicht in den dritten Stock hoch schleppen. Luigi tat es und wunderte sich ein bisschen darüber, was da für mich gekommen sein könnte. Er tippte auf einen neuen Staubsauger und total daneben lag er somit gar nicht.

Seit 5 Jahren leistet mir mein Kärchen nun einen unverzichtbaren Dienst und hat sich einen festen Platz in meinem Liebesuniversium erarbeitet. Einmal im Jahr verrücke ich alle Pflanzen und mache Tiefenreinigung. Nur in den zwei Nach-COVID-Jahren habe ich das Großreinemachen schleifen lassen und prompt bin ich im letzten Jahr nicht bis zum Sommer fertig geworden. Das lag allerdings auch daran, dass es bis Ende Mai nur geregnet hat und ich die Hausversammlung davon überzeugen wollte, ein Produkt zu kaufen, das man auf die sauberen Fliesen und Fugen auftragen kann, um sie abzudichten. Besagtes Produkt kostet im Eisenwarenladen um die Ecke den Freundschaftspreis von 23 Euro pro Liter. Über Freunde und Freundesfreunde im Laden, der so eine Silikonanstrich herstellt, haben wir letztlich für 15 Liter „nur“ 250 Euro bezahlt. Den Herstellungspreis. Warum man da erst die Hausversammlung überzeugen muss? Weil unsere Terrasse das Dach der Anderen ist und sie sich damit an den Kosten beteiligen müssen, was nicht jedem gefällt. Dennoch war ihnen diese Lösung lieber als neue Fliesen legen zu lassen. Natürlich dauerte mehr Arbeit nun noch länger und das Unterrichten am Vormittag sowie die lähmenden Temperaturen von über 40 Grad, die wir hier ab Juli genießen, haben einen Kärcherstopp bewirkt, der wohl erst im nahenden Spätfrühling wieder aufgehoben wird, wenn ich wieder an meiner Sommerbräune arbeiten muss.

Die meisten zweifeln, wenn ich ihnen sage, dass mein Karamell-Bonbon-Teint nur von unserem Fliesenmeer stammt. Stattdessen wähnen sie mich – ich weiß nicht wann – als Brathähnchen am Strand. Daher kann ich so einen Kärcher als Strandersatz nur empfehlen. Er macht nicht nur Fliesen sauber, sondern auch ergraute Mäuerchen heller. Selbst Plastikmöbel oder Truhen kommen nach einer Behandlung mit einem mäßigen Strahl deutlich ihrer Originalfarbe näher. Der kärchernde Körper hingegen wird sportlich braun.

…. und, wenn man es darauf anlegt, kann man wie am Meer beim Kärchern ebenfalls komplett nass werden. Ich liebe meinen Kärcher jedenfalls und entgegen seiner Bedienungsanleitung hält er auch deutlich länger durch als 20 Minuten, bevor er sich in irgendwelchen Überhitzungsschutz begibt. Das ist mir bisher nur einmal passiert – ich glaube nach 2 Stunden, aber ich kärchere auch nur mit kaltem Wasser, was einen Kühleffekt haben dürfte.

Nervig am Kärchern ist nur eine vielgeliebte Nachbarin aus einem Nebenhaus, die jedes Mal bei uns klingelt, wenn sich der Strom grünen Algenwassers auf die Straße ergießt und seinen Weg zum Abflussgulli nimmt. Ich habe keine Ahnung, wer diese Lösung bautechnisch erlaubt hat, aber dahin fließt das Terrassenwasser nun mal und, obwohl es mir sehr leid tut, dass Nachbarn eventuell einen großen Schritt machen müssen, um trockenen und sauberen Fußes auf die andere Straßenseite zu kommen, kann ich einen derartigen Elan beim Beschwerdemanagement kaum nachvollziehen. Auch das hat sich jedoch mit dem oben genannten Silikonanstrich definitiv relativert, denn die behandelten Flächen sind in diesem Jahr algenfrei. Deshalb hoffe ich, dass sich mein Kärcher künfitig nicht ungeliebt fühlen wird, wenn er nicht mehr so oft und lange ans Tageslicht kommt.

Eine große Terrasse ist jedenfalls toll und die Arbeit damit nehme ich für so viel Spaß wie auf dem folgenden Foto gerne in Kauf. Ist ja jetzt nicht mehr so schwer.