ingresso museo archeologico MArTa Taranto

Überwältigend

Sucht man in Apulien nach einem Museum mit klingendem Namen und überregionaler Bedeutung kommt man nicht am „Museo Archeologico di Taranto“ (kurz MArTa) vorbei. Von der Ur- und Frühgeschichte über die griechische Mythologie, die Gründung Tarantos unter dem Namen „Taras“ durch die Spartaner, die Übername des Ortes durch die Römer bis hin zur Entwicklung im Mittelalter

wandert man durch die Geschichte einer Stadt, die untrennbar mit der Geschichte Süditaliens verbunden ist. Deshalb werden nicht nur Fundstücke aus Taranto ausgestellt, sondern sie wurden aus ganz Apulien herangetragen. Nahezu überwältigend ist die Fülle an dem, was hier präsentiert wird.

Wir nahmen uns im September einen Vormittag bade-frei, um uns das Museum zusammen mit einer befreundeten Familie anzusehen. Um es vorwegzunehmen, Davide und seine Freundin Laura sind beide Jahrgang 2015. Doch trotz ihres geringen Alters hatten sie in den Ausstellungsräumen jede Menge Spaß. Dazu trugen besonders die interaktiven Elemente der Ausstellung bei. Das Drücken von Knöpfen und interaktive Eintauchen mit Filmen und Fotos halfen über kleine Durststrecken hinweg, die bei einem dreistündigen Museumsaufenthalt schon mal entstehen können.

Dieser Sonntagvormittag im September war zufällig auch der erste Sonntag des Monats Oktober und an ersten Sonntagen im Monat sind in ganz Italien alle Besuche in staatlichen Museen gratis. Obwohl es vor dem modernen Eingang eines Ex-Konvents aus dem 18. Jahrhundert in der Neustadt Tarantos keine Schlange gab und das Museum auf weiträumigen 3 Etagen angelegt ist, stauten sich die recht zahlreichen Besucher vor den Highlights der Ausstellung und man merkte, dass man bei Weitem nicht allein war.

Ausstellungsmagneten sind zum Beispiel eine Tiara aus Gold und Edelsteinen aus dem dritten Jahrhundert ante Christus, deren unglaublich filigrane Ausarbeitung durch eine aufgestellte Lupe betrachtet, erst richtig deutlich wird. Oder die Statue des ägyptischen Gottes Thot in Form eines Pavians aus dem 4. Jahrtausend vor unserer Zeit. Oder, wem das noch nicht alt genug ist, zwei detailreichen Venusfiguren aus Knochen, die in der Nähe von Lecce gefunden wurden und ca. 20.000 Jahre alt sind. Wer hätte solche Schätze in einer doch vergleichsweise unbedeutenden Stadt im tiefsten Süden Italiens vermutet?! Auf der anderen Seite hatten wir auch nie ein 130.000 Jahre altes Skelett von Weltbedeutung in Apulien gewähnt und schon vor Jahren gestaunt wie die Schneekönige…

Ebenfalls sehr interessant fand ich die alten Fotos, auf denen die Ausgräber mit sichtlichem Stolz vor ihren Funden posierten. Dabei ist es auch in Taranto so, wie wir es z.B. in Canosa di Puglia oder zwischen Olivenbäumen in der Nähe von Bari gesehen haben:

mostra museo archeologico MArTa Taranto
Foto Griechische Nekropole in Taranto

Wo auch immer man den Spaten in die Erde sticht oder eine Baggerschaufel ansetzt, kommt in Apulien ein Stück Menschheitsgeschichte hervor.

Sollte der Spaziergang durch die Jahrtausende dem geneigten Besucher nicht erhebend genug sein, kann man noch einen Blick auf die Sammlung Ricciardi werfen. Der um 1900 gelebt habende Bischof aus Taranto hatte ein paar wuchtige Gemälde mit religiösen Szenen und eine Ikone als wichtige Kulturgüter erkannt, restauriert und konserviert, denen MArTA sogar eine eigene Ausstellung widmet.

MArTa geht jedoch über die bloße Funktion eines Museums als Ausstellungsort mit thematischen Führungen hinaus. Für den, der Zeit hat und genügend Mitstreiter findet (für Gruppen bis 20 Personen 160,00 Euro), werden zahlreiche Workshops angeboten, welche beispielsweise die Archäologie mit moderner Computertechnik verbinden. Damit wird eine Brücke von der Urgeschichte bis in die Zukunft geschlagen. Zeigen, Lehren und Inspirieren – das macht ein gutes Museum heute aus. Daher kann ich es Apulienbesuchern nur ans Herz legen: MArTa lohnt sich! (Und die schönen Strände Tarantos sind nur ein paar Autominuten entfernt.)

4 Gedanken zu „Überwältigend

  1. Anonymous

    „ an den ersten Sonntagen im Monat sind in ganz Italien alle Besuche in staatlichen Museen gratis. “ Wichtige Info und ein großes Lob an den italienischen Staat! Als Familie haben wir schon oft davon profitiert 😊

    Gefällt 1 Person

    Antwort

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..